Flucht vor Gedanken

Unlängst wurde ich wieder zu einem dieser typischen Verzweiflungsfälle gerufen. Das Pferd, eine wundervolle, weiße Stute ließ sich nicht einfangen und wenn die Besitzerin es dann doch geschafft hatte, war die Arbeit im Roundpen alles andere als rosig, ja fast schon gefährlich.
Es waren bereits einige Trainer da und ich war, wie immer, die letzte Hoffnung. Denn, vielleicht ging es ja doch um ein Beziehungsproblem und es lag nicht nur am Pferd.
Auf diesen Gedanken kommen wir Pferd- und Eselbesitzer ja erst sehr spät. Zuerst wird am Tier herumgedoktert, Traumarbeit und Vergangenheitsrecherche gemacht und das Tier dann leider so "behandelt", als stecke es noch im Trauma oder in der schlimmen Vergangenheit.
Das ist nicht immer von Vorteil. Die Tiere leben im jetzt und da braucht es von uns eine neutrale Haltung und KEINE bemittleidenden Gedanken, denn das ist dann kontrpaproduktiv und hält eben das Tier in der Vergangenheit.
Bei diesem Tier war es jedoch anders. Als ich ankam, nahm ich schon die Energie der Besitzerin war. Sie wirkte innerlich sehr gestresst und nicht ganz bei der Sache. Das kann natürlich auch mit der Aufregugung zu tun haben, weil ich da war. Man will ja trotzdem versuchen, dass es einigermaßen klappt.
Wir gingen zur Koppel und ich versuchte, sie ein bisschen zu entspannen und stellte einige Fragen. Ich achtete auf meinem Atem und im Augenwinkel beobachtete ich das Pferd. Ich fragte sie, mit welchen Gedanken sie die Koppel betrat. "Läuft eh wieder weg." Genau! Das strahlen wir auch dann aus, wenn wir das denken. Fazit: Der Gaul lauft weg! Muss er auch, denn unsere Engerie ist nämlich echt, sorry, scheiße.
Sie wurde sich dem bewusst, achtete auf ihre Gedanken und Atmung und das "Einfangen" ging ganz schnell.
Es ist schwierig, durchgehend die Gedanken und die Energy auf diesem Level zu halten, besonders wenn es einem erst bewusst wurde.
2. Abschnitt: Das Pferd im Roundpen
Da ging dann die Post ab. Das Pferd lief wie irre im Kreis, ohne das wir irgendetwas taten. Ich muss dazusagen, ich tue meist sehr wenig, denn ich achte immer auf Energie, Atmung und Gedanken der Menschen und verändere das Verhalten der Tiere durch die Gedankendreher beim Menschen.
Das Pferd war richtig unter Strom und hörte überhaupt nicht zu.
Wie üblich, wurde die Besitzerin extrem aktiv, was natürlich meistens nach hinten losgeht. Ist aber auch ganz normal und menschlich.
Ich bat sie nichts zu tun und mir den normalen Ablauf zu erzählen. Ja, und dann kam es schon langsam heraus. Die Besitzerin begann zu erzählen und erzählen und ich stellte Fragen, die sie mehr zu sich brachten.
Im Augenwinkel beobachtete ich das Pferd, das mittlerweile stand und den Kopf senkte. Die Besiterin redete weiter. Sie sprach von dem Problemen beim Ausreiten, den Stress, dem schlechten Gewissen , das sie gegenüber ihrer Familie hatte, wenn sie zum Pferd fuhr usw. Und dann kamen sie, die erlösenden Tränen, die Energie wurde in ihr leichter und schon stand das Pferd sneben ihr und folgte ihr danach auf Schritt und Tritt im Roundpen.
Wie im Märchen, stimmt's?
Warum?
Pferde, Esel ... jedes Tier, spüren unsere Energien, unsere Gefühle. Auch jene Gefühle, die uns nicht bewusst sind bzw. wir nicht fühlen wollen. Doch sie sind da und Tiere und auch feinfühlige Menschen können diese Energie belasten.
Wenn wir etwas überspielen, nicht mit uns ehrlich sind, über uns selbst "drüberfahren", dann haben wir wie einen Felsbrocken in uns, den wir mitschleppen. Wir sind belastet, bedrückt, fast schon erdrückt und wollen funktionieren. Das geht aber nicht. Bei Tieren schon gar nicht. Wir sind belastet und das Tier funktioniert nicht. Dann soll es, wie in diesem Fall noch schnell gehen, weil wir ja eigentlich ein schlechtes Gewissen haben und mit dem Kopf mehr zuhause sind. Das Pferd muss aber bewegt werden, also wollen wir es bewegen. Das widerum hat überhaupt keinen Bock auf dieses zweibeinige, hektische, unter Strom stehende und nicht anwesende Etwas.
Gerade dann, wenn wir so viel Stress und Probleme haben, die uns belasten, sollten die Tiere unsere Auszeit sein, der gedankenfreie Raum, das Retreat, zu dem wir so gerne möchten. Zuerst dürfen wir uns bewusst werden und ehrlich mit uns sein, dass es uns eben nicht gut geht, dass wir traurig sind, dass es gerade nicht gut läuft und dann...
lassen wir uns bei unseren Tiere fallen.
Es braucht aber eben auch ein Stückchen Einsicht von uns. Denn ein Urlaub oder Retreat nützt dir nichts, wenn du nicht loslässt.
Bei den beiden veränderte sich von da an alles. Die Beziehung zwischen Mensch und Pferd war wieder, wie schrieb sie so schön, so schön wie damals.
Petra